Vom Team des Stimm- und Sprachheilzentrum in der Klinik Am Osterbach
(Mit bestem Dank für diesen Artikel!)
Räusperzwang: Einleitung
Im Zusammenhang mit Stimmstörungen wird von vielen Betroffenen ein Gefühl vermehrter Schleimbildung im Bereich des Kehlkopfes angegeben.
Die Patienten versuchen dann häufig mittels Räuspern, die Stimmlippen vom Schleim zu befreien, um die Missempfindungen im Hals zu reduzieren und den durch die verstärkte Schleimbildung oft knarrenden und brüchigen Stimmklang zu normalisieren.
Selbst nach Erholung von der Stimmstörung wird das Räuspern jedoch von vielen Betroffenen beibehalten und geht dann in ein Gewohnheitsräuspern oder in einen pathologischen Räusperzwang über.
Aus stimmtherapeutischer Sicht ist Räuspern kein adäquates Mittel ist, um akute oder chronische Kehlkopf- und Stimmbeschwerden zu lindern.
Räusperzwang: Dauerfolgen
Vielmehr kann ein permanentes und zwanghaftes Räuspern auf Dauer zu organischen Veränderungen an den Stimmlippen führen, das durch unphysiologische Druckeinwirkung auf die Randkanten der Stimmlippen die notwendige Elastizität zur Schwingungsfähigkeit, ggf. auch auf Dauer einschränken kann.
Mikroverletzungen führen zu Narbenbildungen d.h. zu einem bindegewebigen „Repair“- Mechanismus, sodass die Schwingungsfähigkeit der Stimmlippen darunter leiden kann.
An dieser Stelle soll nun der Hintergrund vermehrter Schleimproduktion aufgezeigt werden:
Zum einen ist es eine natürliche Funktion des Körpers, bei Infekten der oberen Luftwege mit vermehrter Produktion von Schleim zu reagieren. Auch Reflux von Magensaft bewirkt dieses Phänomen. Zum anderen reagiert der Kehlkopf auf Stress. So kommt es bei beruflicher, privater und psychisch-seelischer Überlastung zu Muskelverspannungen auch im Kehlkopf, die zu einer Aufhebung der Feinabstufung der Stimmlippenbewegungen führen können. Damit werden die Schleimdrüsen der Stimmlippen zu vermehrter Produktion angeregt. So entsteht zäher Schleim im Kehlkopf verbunden mit dem Zwang, sich permanent räuspern zu müssen.
Räusperzwang: Maßnahmen zur Linderung
Was ist nun der adäquate Umgang bei vermehrter Schleimbildung im Kehlkopfbereich und welche Maßnahmen können Linderung und Heilung bringen?
Zunächst einmal sollte auf eine ausreichende Aufnahme von Flüssigkeit (Wasser, Kräutertee, jedoch kein Kaffee oder gesüßte Getränke) geachtet werden, um den oft zähen Schleim zu verflüssigen. Linderung kann weiterhin das Lutschen von ungesüßten und mentholfreien Bonbons sein.
Das Räuspern ist grundsätzlich zu vermeiden, da es die Stimmlippen schädigt. Außerdem wird das permanente Räuspergeräusch von den Mitmenschen in der Kommunikationssituation oft als sehr störend empfunden.
Dennoch, es darf nicht allein beim „Räusperverbot“ bleiben. Vielmehr muss erkannt und erfahren werden, dass die Stimmlippenschleimhaut mit ihrem Schleim selbst eine Schwingungsfähigkeit hat. Diese Schwingungsfähigkeit der Schleimhaut kann im Rahmen einer logopädischen Therapie, in der auch die funktionelle Stimmstörung behandelt wird, in vielen Fällen wiederhergestellt bzw. stimuliert werden. Für den Stimmklang selbst ist die Schleimhautschwingung der Stimmlippen von entscheidender Bedeutung, da sie für die Brillanz und Tragfähigkeit der Stimme verantwortlich ist. Bei entsprechender Stimmbildung und gesunden Kehlkopfverhältnissen kann die Stimmlippenschleimhaut eine Schwingungsfähigkeit von bis zu 8000 mal pro Sekunde erreichen, was sich dann in einem sprühenden und energetischen Stimmklang äußert.